Im Interview mit Weera Saad: Kreatives Chamäleon, Teambuilderin, Kopfmensch
Das Cannes Lions International Festival of Creativity ist ein Magnet für inspirierende Persönlichkeiten aus aller Welt. Zu den Besuchern zählen viele Experten, die große kreative Risiken auf sich genommen haben, um zu den Besten auf ihrem Gebiet zu werden. Wir hatten das Glück, in einer vollgepackten Woche beim Cannes Lions ein paar dieser Persönlichkeiten kennenzulernen. Erfahren Sie mit uns, was sie bewegt, mit wem sie arbeiten und wie es ihnen gelingt, kreativ zu arbeiten.
Shahwir (Weera) Saad ist ein kreatives Chamäleon. Sie arbeitet schon seit 22 Jahren in der Kreativbranche und hat im Laufe ihrer Karriere schon viele verschiedene Aufgaben bei der Markenentwicklung übernommen – von kreativer Gestaltung bis hin zur Geschäftsplanung. Inzwischen ist sie Regional Head of the Creative Shop bei Facebook und arbeitet mit vielen Partnern zusammen, um ihre kreativen Ideen zum Leben zu erwecken. Wir haben mit ihr über die vielfältige Welt der Kreativität gesprochen, mit der wir täglich zu tun haben. Und wir wollten von ihr wissen, warum man sich mit der Geschichte hinter einer Idee befassen sollte.
Wann fühlen Sie sich am kreativsten?
Ich denke, es ist unglaublich schwer, Kreativität zu definieren und in eine Schublade zu stecken. [Manchmal] treffen einfach zwei Ideen im Kopf aufeinander und dann hat man plötzlich mitten in der Nacht einen „Aha”-Moment, völlig losgelöst von dem, woran man eigentlich gerade arbeitet. Das ist Kreativität für mich. Oder wenn man es schafft, eine Lösung für ein Problem zu finden. Wenn ich meine Mitmenschen inspirieren kann, auch dann fühle ich mich kreativ. Kreativität ist überall um uns herum und in uns drin. Und ich bin unglaublich dankbar dafür, einen Beruf ausüben zu können, bei dem ich solche inspirierenden und kreativen Momente oft erleben kann.
Aber grundsätzlich denke ich nicht, dass Kreativität ein Talent ist, über das nur bestimmte Menschen verfügen – das steckt in jedem von uns!
Dafür muss man sich vorstellen, dass Ideen fest in imaginären Kisten verpackt sind. Nur wenn mehrere Menschen zusammenkommen und helfen, lässt sich so eine Kiste richtig öffnen und das Beste aus der Idee herausholen.
Was denken Sie über Teams, die sich um eine kreative Idee herum zusammenfinden?
Das ist das beste, was in unserer Branche passieren kann. Ich glaube an eine Welt, in der Menschen zusammenarbeiten und zusammen etwas schaffen können.
Dafür muss man sich vorstellen, dass Ideen fest in imaginären Kisten verpackt sind.
Nur wenn mehrere Menschen zusammenkommen und helfen, lässt sich so eine Kiste richtig öffnen und das Beste aus der Idee herausholen. Diese Gruppendynamik bereichert den ganzen kreativen Prozess. Sicher ist jeder schon mal an den Punkt gelangt und hat sich gedacht: „Ich habe keine Ahnung, wie das zustande gekommen ist, ich hatte eigentlich was ganz anderes im Kopf.” Solche Situationen kann man ganz unterschiedlich angehen. Entweder schmollt man und sagt: „Das war doch eigentlich meine Idee, wieso machen wir das jetzt so?” Oder man sieht sie sich genau an und erkennt: „Das ist ja sogar noch viel besser!” Ich habe aus einer Maus ein Pferd gemacht. Und das passt wunderbar in so ein großes Projekt. In anderen Fällen macht man aber vielleicht aus einem Pferd eine Maus, weil sie besser in die kleinen Bereiche passt.
Dieses Gefühl, wenn man sich fragt: „Was möchte ich erreichen? Was wartet auf mich am Ende des Tunnels? Was ist das Signal oder der Leuchtturm, der mir den Weg zeigt?” Für mich funktionieren diese Fragen besser als die Idee selbst, denn nur durch den Prozess lernt man.
Das klappt, solange man eine klare Vorstellung und ein gutes Verständnis von der Geschäftswelt hat – und von dem, was man erreichen möchte. Man muss wissen, worum es bei der Marke geht oder was genau hinter einer Idee steckt. Es sollte mehr um die Geschichte hinter der Idee gehen, als um die Idee selbst. Wenn du dir darüber bewusst bist und eine gute Basis hast, trommelst du eine größere Gruppe von Leuten zusammen und diskutierst diese Geschichte mit ihnen und zwar solange, bis die Idee zu etwas richtig Großem angewachsen ist. Das verstehe ich unter Gruppendynamik. Kooperation und Teamwork – das ist mein Ding, ohne geht’s nicht!
Was braucht man, um große, innovative Ideen zum Leben zu erwecken?
Dieses Gefühl wenn man sich fragt: „Was möchte ich erreichen? Was wartet auf mich am Ende des Tunnels? Was ist das Signal oder der Leuchtturm, der mir den Weg zeigt?” Für mich funktionieren diese Fragen besser als die Idee selbst, denn nur durch den Prozess lernt man. Und dann kann man diese Idee noch besser entwickeln und weiterdenken. Ist das der gedankenorientierte Ansatz, um kreativ zu denken?
Wenn man aufmerksam ist, bei dem was man tut, kann man noch einen Schritt weiter gehen. Man lässt den Gedanken freien Lauf, aber dennoch kontrolliert man den ganzen Prozess in seinem Kopf. Und das ist die Idee hinter der Idee. Die Geschichte hinter der Geschichte. Es zwingt einen dazu, über den Sinn und den Standpunkt und die Marke und die Geschichte der Marke in der Markenwelt nachzudenken. In so einer Umgebung können sich die Idee kann natürlich weiterentwickeln.
Welche kreative Leistung macht Sie besonders stolz?
Ich bin eigentlich stolz auf alles, bei dem ich das Gefühl habe, wirklich etwas bewegt zu haben. Das klingt vielleicht etwas kitschig, ist aber so. Jeder hat andere Gründe, morgens aufzustehen und arbeiten zu gehen und etwas zu bewirken, das ist eben meine Motivation. Ich habe 22 Jahre lang in dieser Branche gearbeitet und die unterschiedlichsten Aufträge und Projekte ausgeführt. Ich war als kreative Gestalterin tätig. Ich war Geschäftsführerin, ich war Planerin.
Und ich schätze mich einfach nur glücklich, dass ich mich in so vielen verschiedenen Dingen ausprobieren konnte. Ich würde sagen, es macht mich stolz, etwas zu bewegen und zu sehen, wie Gedanken vor den eigenen Augen Wirklichkeit werden. Vor vier Jahren habe ich eine Pepsi-Kampagne mitten im Ramadan gestartet. Wir wollten dieses nostalgische Gefühl vermitteln, das so viele Menschen während des Ramadan suchen. Es war eine tolle Geschichte, denn wir waren durch Technik tatsächlich in der Lage, die Herzen der Menschen zu berühren.
Mit unserer emotionalen Botschaft haben wir offenbar viele beeindruckt und berührt – wir haben also genau das erreicht, was wir wollten. Und zwar haben wir mit CGI-Technologie Kultpersonen, die vor 20 Jahren verstorben sind, auf dem Bildschirm wieder zum Leben erweckt. Für einen klitzekleinen Moment konnte man dann Menschen aus der Unterhaltungsbranche sehen, die man seit 20 Jahren vermisst. Hat das das Verkaufsgeschäft angekurbelt?
Wahrscheinlich ja. Ist das wichtig? Wurden damit Awards gewonnen? Ja, auch das. Aber zählt das so viel wie der Moment, wenn verschiedene Generationen zusammen sitzen und sich mit dem Smartphone oder vorm Fernseher etwas ansehen und sagen: „Verdammt, es ist, als würde der Typ dort wieder leben. Wie haben die das gemacht?”. [Sie lacht leise]
Um mehr Insidertipps von unseren Kreativprofis zu erfahren, lesen Sie auch die Interviews mit Podcaster David Rheinstrom, DJane Hesta Prynn, Designer Chris Rowsen un PR-Vizepräsident Marcus Peterzell.